Glasfenster und ihre Künstler
Jürgen Wiener und Reinhard Köpf, HG
Dieses Werk stellt uns eine Fundgrube von Informationen und entwicklungshistorisch eingeordnetem Wissen über eine seltenere Richtung der Düsseldorfer Kunstszene zur Verfügung. Studentische Forschungsleistungen an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf finden Eingang wie Archivmaterial von Glasmalwerkstätten und Angehörigen der Künstler:innen. Die Herausgeber sind ausgewiesene Experten auf dem Gebiet der Glasmalerei und nehmen uns am Beispiel Düsseldorf mit auf die Reise durch diese farben- und lichtreiche Welt. Diese ist weit über die Stadtgrenzen auch international bekannt und u.a. im ganzen Rheinland verankert. Das Buch ist daher für jeden sehr lesens- und vor allem betrachtenswert, der oder die sich für das „Malen mit Licht“ auch in seiner spirituellen Dimension interessiert und berühren lässt. Wir erfahren, warum es im Verhältnis mehr Kirchenfenster als Fenster in anderen Gebäuden gibt. Warum die Moderne als Begriff kunstgeschichtlich natürlich völlig unscharf definiert ist. Wir werden noch einmal anschaulich Zeugen, wie seit den ca. Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eine zunehmende Konkurrenz zwischen sog. Bildender Kunst an der Akademie und dem handwerkskünstlerischen Ansatz der Glasbläserbetriebe und der Schulen von Werkbund und Kunstgewerbe um die Deutungshoheit und Anerkennung ringen. Die aktuellen „Künstlerfenster“ z.B. von Richter werden heute in der Öffentlichkeit viel stärker wahrgenommen als die schon Jahrhunderte alte tradierte und immer wieder modernisierte Handwerkskunst. Die Düsseldorfer Kunstakademie trennte sich sogar von ihrem Lehrstuhl der Glasmalerei. Das hat natürlich Konsequenzen für die Rezeption und Definition, ob es sich bei malerisch gestalteten Glasfenstern um Kunst, Kunst am Bau oder einfach nur Deko handelt. Dabei hat selbst ein Sigmar Polke vor seinem Studium im Kaiserswerther Glasbetrieb Derix eine Lehre absolviert. Der Kunstmarkt und die Kunst sind in Düsseldorf schon länger eine untrennbare Größe, was häufig die Auffassung prägt, wo Kunst anfängt. Es fallen häufig heutzutage die Fenster dem Abriss zum Opfer, wenn modernisiert oder umgewidmet wird. Eine Vielzahl Kirchenfenster wurden teils ungeschützt durch Bombardierungen in den Kriegen zerstört. Hier lesen wir fachkundig, detailgenau und tiefgründig über die Entwicklung nach. Insofern liegt uns hier eine auch fotografisch anspruchsvolle Dokumentation einer teils vom Verschwinden bedrohten Kunstrichtung vor. Argumentationshilfe für Denkmalpflegende ist somit gegeben. Wäre der Düsseldorfer Ehrenhof, wie von manchen vorgeschlagen, nach dem Kriege abgerissen worden, könnten wir heute nicht mehr die Glaskunst von Thorn Prikker bewundern, welcher hier als nicht sakrales Beispiel eines wichtigen Lehrers herausgehoben sei, der aber auch Kirchenfenster gestaltete.
Sehr informativ ist die Einführung in die Gestaltung und Farbgebung der Fenster vom Entwurf bis zur Produktion. Glas ist kein Werkstoff, auf dem einfach gemalt wird; dieses würde Leuchtkraft und Durchlässigkeit schwächen. Moderne Verfahren lassen eine große Zahl an Farbgebungen zu. Beeindruckend ist die Vielseitigkeit der ausgeführten Fenster. Stilrichtungen gemäß den Zeitläuften sind klar erkennbar. Die ausführenden Künstler:innen sind alphabetisch geordnet mit sorgfältigen Abbildungshinweisen auf die Darstellungen. Auch Biografisches kommt nicht zu kurz.
Ein wenig aus dem Zusammenhang des Gesamtwerkes gerissen wirkt der Beitrag zum Glas als Transparenzraum. Durch die Kürze des Abschnittes und die interessanten Abbildungen verzeiht man jedoch gern diesen leichten Ausreißer im Buchkonzept.
Für Menschen, die Farben lieben und den Umgang mit ihrer verglasten und durchlichteten Form eine empfehlenswerte Lektüre. Für Kunst oder Denkmal-Profis auf dem Gebiet ein wichtiges Nachschlagwerk.
Rezension: Susanne Wied, Deutsches Farbenzentrum e.V.
Moderne Glasmalerei Düsseldorf – Muster-Schmidt Webshop
ISBN978-3-87448-521-0
2021, B. Kühlen Verlag
378 Seiten, Hardcover, 24,0 x 24,0 cm
Preis: 79,00 €