Mit der internationalen Konferenz „Im Medium Farbe“ haben wir in diesem Jahr einen großen Bogen von den Anfängen bis in die Gegenwart des Deutschen Farbenzentrumsschlagen. Der Anlass für den Gründer Kurt Görsdorf war die Einsicht, dass alles, was mit dem Wort Farbe beschrieben wird, nur als ein fachübergreifendes Phänomen verstanden werden kann. Das Deutsche Farbenzentrum hat sich damit bereits ein halbes Jahrhundert der Förderung der interdisziplinären Arbeit in allen Wissens- und Tätigkeitsbereichen der Farbe verschrieben.
„Farben stellen für uns eine unerschöpfliche Quelle der Faszination dar, eine Faszination, die vom sinnlich-ästhetischen Erleben bis zur Reflexion über den Erkenntnisprozeß und die Natur des menschlichen Geistes reicht.“
J.W. Goethe 1791
Vortragsprogramm
Samstag 6. Oktober 2012:
9:00 Uhr: Registrierung und Aushändigung Tagungsunterlagen
9:30 Uhr: Begrüßung, Einführung und Verleihung des Karl-Miescherpreises 2012
Prof. Dr. Axel Buether & Dr. AnneMarie Neser
Tagungsorganisation und Vorstand DFZ (Preisverleihung mit Vorstandsmitglied Susanne Wied)
10:00 Uhr: Farbe in Kunst und Wissenschaft –
50 Jahre DFZ
Prof. Klaus Palm & Prof. Klaus Richter (Ehrenvorsitzende DFZ)
Abstract: Farbe ist als Repräsentant der Ganzheitlichkeit unseres Seins ein einzigartiges Beispiel für das gleichberechtigte Miteinander der Grundlagen: Naturwissenschaften, Geisteswissen-schaften sowie Kunst und Gestaltung. Diese Erkenntnis wurde im Jahr 1962 mit der Gründung des Deutschen Farbenzentrums als „Zentralinstitut für Farbe in Wissenschaft und Gestaltung“ in eine interdisziplinäre verbindliche Rechtsform gegossen. Neben den fachübergreifenden Informationen sowie den persönlichen Kontakten wurde auf den jährlichen Farbkongressen sowie den zahlreichen fachvertiefenden Veranstaltungen, den Phänomena-Seminaren, die Bedeutung der Farbe und der wechselwirkende Zusammenhang zwischen allen Fachdisziplinen ein halbes Jahrhundert lang erfolgreich praktiziert. Ein großer Dank geht an alle, die in diesen 50 Jahren dazu beigetragen haben, das Phänomen Farbe als festen Bestandteil unserer Kultur lebendig zu halten.
10:30 Uhr Farbe zwischen Ästhetik und Aisthesis
Prof. Dr. Christoph Wagner (Kunstgeschichte, Universität Regensburg)
Abstract: Dass die Geschichte der Farbe »wie natürlich, die Geschichte des menschlichen Geistes im kleinen« abzubilden vermag, ist eine der kostbaren Randbemerkungen, die Goethe in seinen Überlegungen zur Farbe überliefert hat. Nach den bedeutenden Erschütterungen durch die naturwissenschaftliche Gehirnforschung erkennen wir heute mehr denn je, dass die lange Zeit gescholtene »subjektive« Qualität der Farben nichts anderes als in besonderer Weise die subjektiven Qualitäten des menschlichen Geistes widerspiegelt, ja dass vielleicht kein anderer Bereich besser geeignet ist, in die subjektiven Strukturen der menschlichen Wahrnehmung und Deutung der Lebenswelt einzuführen, als die Betrachtung der Farbe.
11:15 Uhr: Farbe in der Musik
Neil Harbisson (Sonochromatic Cyborg – hört Farben und setzt diese Erfahrungen künstlerisch um, Barcelona, Spanien)
Abstract: Neil Harbisson will talk about his grey scale visual condition (achromatopsia) and how his life has changed since he attached an electronic eye to his head in order to hear colors. He will talk about the close relationship between color and sound, about his new visual condition (sonochromatopsia) and about his latest artistic works.
Mittagspause 12:00 bis 13:00 Uhr
13:00 Uhr: Farbe im Film
Prof. Dr. Susanne Marschall (Medienwissenschaftlerin, Universität Tübingen)
Abstract: Der Vortrag “Farbe im Kino” greift aus der Vielfalt möglicher Aspekte des weiten Themenfeldes die technisch und ästhetisch produktive und innovative erste Phase der Entwicklungsgeschichte des farbigen Kinofilms bis zu den hochwertig produzierten Technicolor-Filmen der 1950er Jahren heraus. Ausgehend von einer Auseinandersetzung mit den wahrnehmungspsychologischen Besonderheiten der menschlichen Farbempfindungen sowie der schrittweisen Entwicklung farbdramaturgischer Regeln und expressiver Regelbrüche im Kino eröffnet der Vortrag neue Perspektiven auf die Farbfilmgeschichte. Exemplarische Filmbeispiele begleiten diese dreifache, d.h. wahrnehmungspsychologische, historische und ästhetische Interpretation des Kinoerlebnisses in Farbe, das sich zumeist nicht in den engen Grenzen eines Abbildungsrealismus bewegte, sondern – durchaus vergleichbar mit der Malerei – aus dem Vollen der Gestaltungsmöglichkeiten mit Licht und Farbe schöpfte.
13:45 Uhr: Farbe in den Naturwissenschaften
Prof. Dr. Armin Reller (Ressourcenstrategie, Universität Augsburg)
Abstract: Farbe ist ein Prozess, der durch die unmittelbare Wechselwirkung zwischen Materialien und physikalischen oder chemischen Energieträgern Transformationen erfährt, die von unseren Augen selektiv wahrgenommen werden. Die Vielzahl unterschiedlicher Wechselwirkungen – Absorption, Reflexion, Diffraktion, Dispersion, Emission, etc. – wird durch die Eigenschaften der Farbmaterialien geprägt; seien es mineralische Farbpigmente, farbig erscheinende Moleküle, Farbdispersionen oder farbige Leuchtstoffe, also “Farbmaterialien“. Die Eigenschaften können gezielt verändert und funktionalisiert werden. Deren Nutzung ist nicht nur im kulturellen bzw. künstlerischen Kontext, sondern vor allem im Kontext der sich weltweit etablierenden Lebensstile und den entsprechenden Konsumverhalten relevant. Wichtig ist es deshalb, die mit der Funktionalität von Farbmaterialien einhergehende Energie- und Ressourcennutzung kritisch zu betrachten und in Bezug auf eine zukunftsfähige Nutzung zu bewerten.
Kaffeepause 14:30 bis 15:00 Uhr
15:00 Uhr: Farbe im urbanen Raum
Michel und France Cler (Architekt DESA, Künstlerin – Colour Consultants, Atelier Cler Paris) + Verena M. Schindler (Kunst- und Architekturhistorikerin, Vorsitzende der Studiengruppe Environmental Colour Design/ECD, der Internationalen Vereinigung für die Farbe/AIC). Michel Cler ist Präsident der in Paris gegründeten Farbvereinigung ad chroma.
Abstract: „Chromatictownscape“ handelt von Atmosphären und Befindlichkeiten in urbanen Farblandschaften. Hier geht es um die Gestaltung von urbanen Räumen mit dem Medium ‚Licht–Material–Farbe’. Wichtige Faktoren in der Entwicklung von Farbgestaltungsplänen und den entsprechenden Farbkarten, Farbpaletten und Farbfächern sind vorgefundene Farben und Materialien vor Ort sowie soziokulturelle und politisch-ökonomische Rahmenbedingungen. Die vom Atelier Cler konzipierten Farbdokumente bilden eine wesentliche Grundlage in der Praxis und tragen zu einem kollektiven Farbgestaltungsprozess des Makroraums Stadt bei. Die urbanen Langzeitprojekte intendieren den verschiedenen Stadtteilen, Strassen und Plätzen einen spezifischen Farbcharakter zu verleihen. Die räumlichen Farbstimmungen, die sich im Gedächtnis der Einwohner prägen, entwickeln und verändern sich im Laufe der Zeit, vermögen jedoch eine identitätsstiftende Farbkultur zu entfalten. Der Vortrag geht auf Projekte ein, die in verschiedenen Kulturen – von Frankreich über die Karibik bis hin zu Hongkong – entstanden sind.
15:45 Uhr: Farbe in leiblicher Kommunikation
Prof. Dr. Hermann Schmitz (Philosoph, Begründer der Neuen Phänomenologie, Universität Kiel)
Abstract: Ausgehend vom Gegensatz zwischen der Geschichtlichkeit (Zeitlosigkeit) des Schalls und der Geschichtslosigkeit der Farbe wird die unterschiedliche Empfänglichkeit von Schall und Farbe für leibliche kommunikation in den Medien der Bewegungssuggestion und synästhetischen Charaktere erörtert. Die synästhetischen Charaktere der Farben werden mit Bezug auf Goethe gestreift. Die Abwesenheit von Bewegungssuggestionen an den Farben wird auf ihre Neigung zur leibfremden Fläche zurückgeführt; im Zusammenhang damit wird der Unterschied flächenhaltiger und flächenloser (leibnaher) Räume berührt. Im Gegensatz zu den Oberflächenfarben sind die prädimensionalen Farben (irreführend „Flächenfarben“ genannt) leibnah. Bibliographie
Kaffeepause 16:30 bis 17:00 Uhr
17:00 Uhr: Farbe als Medium – Karl-Miescher-Preisträger 2012 – Gestaltung
Raw Color – Daniera ter Haar & Christoph Brach (Graphic design & photography, Eindhoven, Niederlande)
Abstract: Driven by curiosity Raw Color is questioning the meaning of the subject they are working on. Within these aspects the materialization of colour plays a key role, and can be seen as the core of the studio. It is a medium that allows them to travel across the disciplines. By experimenting and trusting on their intuition Raw Color has created a design language that is verbally direct, energetic and recognizable. During their talk they will take you on a trip to experience colour in different media and projects.
17:45 Uhr: Farbe im Material – Karl-Miescher-Preisträger 2012 – Wissen
Stefan Muntwyler (Maler und Farbforscher Windisch, Schweiz)
Abstract: FARBE GELB: SAFRAN, URIN und ARSEN Der Autor des Standardwerkes FARBPIGMENTE FARBSTOFFE FARBGESCHICHTEN, wird als Maler mit eigens für diesen Anlass geschaffenen grossflächigen Farbtafeln exemplarisch spannende Geschichten zur Farbe Gelb erzählen. Nicht nur ein Referat, sondern ein kleines Spektakel voller Überraschungen und Geheimnissen, die gelüftet werden. Muntwyler spannt einen Bogen von den historischen Gelbpigmenten bis zur Gegenwart.
Ende der Vortragsreihe gegen 18:30 Uhr
ab 20:00 Abendveranstaltung 50 Jahre DFZ
Samstag 6. Oktober 2012
+++ Feier mit Aktionen von Mitgliedern, Gästen und Studierenden, Moderation Susanne Wied und Marieluise Schaum
– Fotografische Spuren aus 50 Jahren DFZ – Prof. Klaus Palm
– Statements von Mitgliedern und Gästen als Zeitzeugen der Geschichte des DFZ – Prof. Hans K. Schlegel, Gerd Schilling, Josep Linschinger, Hajo Düchting, Lothar Gericke, Charlotte Kollmorgen, Gisela Braune, Eckhard Bendin, Martin Benad, Dr. Eva Lübbe, Prof. Dr. M. Schaum, Klaus v. Saalfeld, Prof. Axel Venn, Susanne Wied u.a.
+++ „Ask me about Color!“
Aktion von Studierenden der HAWK Hildesheim (Leitung Prof. Timo Rieke)
Postervortrag ,,Retuschen an Fluoreszenzfarben“
+++ Farbe-Raum-Klang Lichtinstallation
Gisela-Meyer Hahn und Sonny Thet
Besichtigungsprogramm
+++ Besichtigung Ausstellung „Farbe und Farbsehen“ TU-Berlin, Freitag, 05.10.2012, 17:45
Einsteinufer 19, 10587 Berlin, Raum EN 55 (Drehspiegelraum) von ca. 17:45 bis 20:00 Uhr. Dauer 45 Minuten, drei gleiche Ausstellungs-Fuehrungen: 17:45h, 18:30h, 19:15h; Treffpunkt: Pfoertner, Zwischen Gebäude E und EN (zwischen Elektrotechnik (E) und Elektrotechnik Neu (EN)) Lageplan siehe unter: www.li.tu-berlin.de , Service, Lageplan
Anschrift Konferenz und Jubiläumsfeier:
Umspannwerk Kreuzberg Ohlauer Straße 43 D-10999 Berlin
Ich freue mich sehr auf die nächste Konferenz. Die letzte war sehr inspirierend!
Viele Grüße,
Eva Vitting